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Tanz International / Jahrbuch 2000
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Tanz International / Jahrbuch 2000
Bungee in Brandenburg

Tänzer und Taekwondo-Meister, Artisten und ein Karate-Europameister aller Klassen bei «Prometheus Fantasia»

Von Hartmut Regitz


So einfach ist das: Weil «P» eine Zigarette rauchen will, greift er zum Feuer. Doch der Funke springt nicht über. Erst als sich Lars Scheibner für seine «Geschichte» entzündet, kommt er zum Zug - und während die Flämmchen noch die stählerne Pyramide hinauf zum Urknall klettern, werden in Fässern auf beiden Bühnenseiten bereits die Elemente entfesselt. «Ein Spiel des Feuers?», fragen sich die Beteiligten beim Expo - Beitrag des Landes Brandenburg. «Eine Laune des Zufalls?» Ein junger Mensch, sagen wir: «P», findet auf den Spuren unserer Kultur lauter «Brandzeichen, die die prometheische Fackel <Erkenntnis> hinterlassen hat, findet Mythen und Symbole, Ideale und Träume.»
So einfach die «Prometheus Fantasia» scheint, sie ist es nicht. Mike-Martin Robacki (Regie) und Thomas Guggi (Produktion) projizieren zwar immer wieder Bilder der Erinnerung auf die Leinwand, Visionen der Vergangenheit, Szenen aus dem Industriealltag. Gleichzeitig aber setzen sie auch ein riesiges Rad in Gang, das mal wie ein Drehkreuz, wie eine Tretmühle, wie ein gigantisches Jo-Jo funktioniert - und alle Deutungsmöglichkeiten belässt. So kann sich Angela Reinhardt, bevor sie zusammen mit Anne-Marie Warburton ein Laufband betritt, als höchst verführerische Pandora outen. Und bis die beiden Protagonistinnen des BerlinBallett - Komische Oper sich im «Menschen-Werk» in Präzisionsmaschinen verwandeln, hämmern «Hephaistos» Gert Gatschke, Karate-Europameister aller Klassen, und «Titan» Swen Raschka mit schweren Amboss-Schlägen für lange Zeit den Takt: zwei Sportskanonen, die es nicht zufällig in die Kunst verschlagen hat, sondern die ganz bewusst ihre Sport-Grenzen ignorieren.

Die einzelnen Teile der «Tanz-Artistik- Installation» stehen nicht für sich. Guggi & Co sorgen dafür, dass sie sich immer wieder überschneiden. Martina Wilde tanzt gleich ihren beiden Kolleginnen, die entweder in einer Reminiszenz an den «Sonnenkönig» von Jan Linkens auf wundersame Weise Wasser schöpfen oder aus Arbeiten von Ton Simons zitieren (sofern sie nicht gerade selber choreographieren). Beim dance voltige verliert Wilde aber wie die anderen Artisten den Boden unter ihren Füßen. Wenn von der Zerstörung der Städte die Rede ist, von den Gräueln des Kriegs, hängt sie nach ihrem Bungee-Auftritt wie tot im Seil.

Lars Scheibner als «P» gibt sich ganz prometheisch und zieht, mit dem Taekwondo-Meister Raschka Kräfte messend, keineswegs den Kürzeren. Im Gegenteil. Anstatt sich im Agon aufzureiben, profitieren beide am Ende vom Können des anderen. Und sekundenlang lässt sich bei ihrem Duo nicht unterscheiden, was Tanz ist und was «nur» Sport.

Sicher, «Prometheus Fantasia» ist eine Show. Was will man anderes bei einer Auftragsarbeit des brandenburgischen Wirtschaftsministeriums erwarten? Aber wie Guggi, Robacki & Co. die Expo-Thematik Mensch - Natur - Maschine bewältigen und die Teile (samt der Musik von Jerome Soudan) zu einem Ganzen fügen, muss ihnen erst mal einer nachmachen. Am Ende kann «P» ein zweites Mal zur Zigarette greifen. Zumindest die Feuerprobe hat er bestanden.