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GESCHICHTEN zeichnen unsere WIRKLICHKEIT 

 

Ob ROMEO und JULIA tatsächlich existiert haben..?

Lange schon streiten sich darüber die Gelehrten. Eines ist jedoch sicher - die schicksalhaft Liebenden, wie wir sie aus dem anrührenden Drama William Shakespeare's kennen, sind Figuren der KUNST, finden sich geformt und beseelt durch das Genie ihres Schöpfers - dem KÜNSTLER. Selten hat nach dem Martyrium Jesu Christi das SCHICKSAL von Personen die Anteilnahme und Mitleidfähigkeit der Menschheit so sehr angerührt und dadurch bedeutend zur moralischen und ethischen Entwicklung der Gesellschaft beigetragen. Das Sinnesbombardement der Medien wird immer massiver - doch kein winziger Splitter mag sich mehr verirren, der uns treffen, betroffen machen könnte.

Der Verdienst der Klassik - aller KUNST, die diesen Namen verdient - scheint zu sein, dass sie einen sensiblen Zugang in das Innere der Menschen gefunden hat. Das Einfühlungsvermögen großer Künstler modelliert dramatische Ergriffenheit, zärtliche Hingabe und Freude an der Schönheit ihrer GESTALTUNGEN. 

Gerade in Tom Schillings Ballett "Romeo und Julia" erleben wir Prokofjews Kompositionen als ergreifende Vorlage für tiefes emotionales Verständnis der Situationen. In wunderbarer Symbiose mit dieser Musik projiziert Schillings Choreographie die Innerlichkeit der handelnden Figuren auf die Bühne. Wir erleben die Entfaltung filigraner Gefühle durch die einfühlsame Interpretation der Protagonisten, so dass wir am Ende ergriffen sind und fast vergessen haben... 

"Es ist nur eine GESCHICHTE!"

Doch die Frage nach wahr oder unwahr mag zurücktreten hinter die WAHRHEIT wirklichen Gefühles, wirklicher Schönheit und auch Trauer. Hinter den Fassaden, die Schmerz und Enttäuschung errichtet haben, regt sich das Herz, es lacht und weint und beschert uns wieder die Freude an der eigenen LEBENDIGKEIT. 


„Romeo & Julia“ - Eine unsterbliche Liebesgeschichte 

Die Problematik des Stückes ist immer aktuell. Ein Stoff über die Sehnsucht nach Liebe in Zeiten, da es Kriege gibt und unterschiedliche Familien- und Machtinteressen aufeinanderprallen. Junge Leute werden in diesen gesellschaftlichen Konflikt hineingezogen. Ihre Erziehung läßt sich anfangs nach ganz bestimmten Verhaltensmustern handeln. Unsere Inszenierung ist ganz bewußt nicht nur eine ergreifende Liebesgeschichte, die sich im Privaten abspielt. Ich selbst habe Krieg und Kriegsende hautnah erlebt. Der Frieden ist seither täglich in Gefahr. Kriege zerstören die Existenzen von Menschen, wenn ich allein an das ehemalige Jugoslawien oder an Tschetschenien denke.

Die Musik Sergej Prokofjews werden wir auch im nächsten Jahrtausend noch hören, wenn die menschliche Botschaft seines Balletts nicht ignoriert wird. Diese Musik ist im besten Sinne ein ‘Klassiker’. In „Romeo & Julia“ möchte ich wirklichen Menschen auf der Bühne begegnen, Tänzerinnen und Tänzern, die wahrhaft lieben und leiden können, die die Konflikte ihrer Zeit in ihrer Liebe erleben.

„Romeo und Julia“ - ein getanztes Menetekel, eine wunderbare, kraftvolle Liebe, die im Wahnsinn des Krieges unsinnig ihr Ende findet.

 

Tom Schilling, Januar 1996

 


Zu den Texten

Shakespeare-Kenner fragen mich hin und wieder, warum ich für die Texte des Lorenzo nicht original Shakespeare genutzt habe. Ich antworte vorsichtig:

"Das hätte ich mit Vergnügen getan – groß ist die Wortkunst dieses Meisters und klein die Notwendigkeit, sie vor jemanden zu verbergen oder gar neu zu formulieren. Aber... dieses geniale Werk ist von Shakespeare als Drama konzipiert, d.h. alle Texte und Dialoge dienen der Gestaltung und dem Antrieb von Handlung. Für die Rolle eines Erzählers dagegen, der Handlung und Geschehnisse zusammenfasst und betrachtet, benötigte ich Texte der Reflexion von Handlung, damit der Zuschauer dem dramaturgischen Verlauf der im Kammerballett zusammengestellten Tanzszenen leicht folgen kann. Es handelt sich bei meinen, dem Shakespearetonfall nachempfundenen Texten also nicht um Blasphemie, sondern um eine erzähltechnische Notwendigkeit."

Standhaft blicke ich dann in die Augen meines Gegenüber. Manchmal nickt er... und seinen Lippen entwischt ein nachdenkliches:  "...Es ist die Nachtigall und nicht die Lerche..."

 

Ihr Mike-Martin Robacki