"Romeo und Julia" im Teo Otto Theater Von Anne-Kathrin Reif
Diese beiden
muss man lieben Den Geschöpfen, die so fein, so verletzbar sind geblieben, kann man Zärtlichkeit nicht wehren, muss man einfach lieben. So wie Pater Lorenzo, der in der Kammerballettfassung von "Romeo und Julia" als Erzähler der Geschichte fungiert, geht es auch dem Zuschauer: Man muss sie lieben, diese bezaubernde Julia, diesen entflammten Romeo, aber auch den gemütvollen Pater und die komplizenhafte Amme. Von Tom Schilling ursprünglich als großes Ballett für die Komische Oper in Berlin choreografiert, genügen in der Kammer-Fassung von Mike-Martin Robacki drei Tänzer und ein Schauspieler, um alle Facetten der ebenso berühmten wie tragischen Liebesgeschichte auf die Bühne zu bringen. In der äußerst reduzierten Kulisse, wo nur die wichtigsten Ortswechsel durch Projektionen angezeigt werden, konzentriert sich alles auf die Darsteller. Ihre große Kunst - und der Reiz dieser Inszenierung - besteht darin, dass trotz der großartigen Beherrschung tänzerischer Technik diese nie zum selbstdarstellerischen Zweck wird. Sie steht stets im Dienste des Ausdrucks, der wahren Emotionen. Federleicht beginnt die Geschichte im Rückblick des alt und melancholisch gewordenen Bruder Lorenzo. Angela Reinhardts Julia im flatternden weißen Kleidchen, die Schritte mit scheinbar größter Leichtigkeit graziös auf die Spitze setzend, ist die Anmut selbst. Gregor Seyffert, obwohl altersmäßig der Rolle fast schon entwachsen, verkörpert mit leichtfüßigen Sprüngen die Bühne durchmessend gleichwohl überzeugend jugendliches Ungestüm. Hingegeben an das Glück der ersten Liebe. Nicht von verhängnisvoll-verbotenem, leidenschaftlichen Begehren Getriebene sind diese beiden, sondern ganz Jugend und Unschuld, verspielt und ganz hingegeben an dieses Glück der ersten Liebe. Man muss sie einfach lieben und ihnen, auch verbotener Weise, zu ihrem Glück verhelfen: Das vermitteln Angela Philipp als Julias Amme und Hans-Dieter Scheibel als Bruder Lorenzo mit großartiger tänzerischer bzw. darstellerischer Ausdruckskraft.
Allein, das blinde Schicksal oder der rätselhafte Entschluss eines Gottes,
der selbst Bruder Lorenzo damit in Zweifel stürzt ("Prüfe meinen Glauben
nicht an diesen beiden!") will es anders. Hochdramatisch gerät der
tragische Umschlag der Geschichte gerade im Kontrast zu ihrem
spielerisch-leichten Anfang. Erheblichen Anteil an der packenden
Vermittlung des Stoffes hatten die Bergischen Symphoniker unter dem
Dirigat von Romely Pfund. Wie aus einem Guss fügten sich tänzerische
Darstellung und die musikalische Gestaltung von Sergej Prokofjews 1940
uraufgeführter Ballettsuite ineinander; punktgenau das Zusammenspiel, in
der emotionalen Dramatik ein perfektes musikalisches Abbild des
Bühnengeschehens vermittelnd. Das Publikum dankte allen Beteiligten mit
"standing ovations".
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VON GISELA SCHMOECKEL Wie von inneren Schwingen getragen, leichtfüßig, elegant, zugleich mit höchster expressiver Kraft tanzt Gregor Seyffert die Liebe des "Romeo". Zur fliegenden Skulptur verwandeln sich die Falten seines Mantels; die schwarze Grafik seiner Gestik kontrastiert mit der federleichten Zartheit von Angela Reinhardts "Julia", bis beide in Tom Schillings Choreographie vom Tanz der reinen Liebe zu höchstmöglicher Schönheit artistischer Gestaltung gelangen. Im Teo Otto Theater war am Wochenende die außerordentliche Wirklichkeit und Wahrheit eines Gesamt‑Kunstwerks zu erleben, das Solotanz, Orchestermusik und die Darstellungskraft des epischen Theaters zu neuer Einheit führte. Präzision und Sensibilität fanden gleichermaßen Ausdruck in der modellierenden Klarheit des Spiels der Bergischen Symphoniker unter Leitung von Generalmusikdirektorin Romely Pfund. Die Dynamik ihrer Musik, der Wechsel zwischen lichter Seligkeit und tiefer, dissonantisch geballter Bedrohung waren Basis und Motor für das Bühnengeschehen. Traum und Wahrheit Mike‑Martin Robackis Reduzierung von Prokofjews vielfiguriger "Romeo und Julia" ‑ Vorlage zum solistisch getanzten "Kammerballett" und die Zusammenführung der Rolle des Paters Lorenzo in bester Brecht‑Tradition sorgen für reizvolle Brechung. Denn die Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart und der Kontrast zwischen der allzumenschlichen, in der Not des Daseins gewachsenen körperlichen Fülle des alten Paters mit dem Erlebnis der traumhaften Schönheit von Romeo und Julias Liebe, getanzt in der grazilen Artistik von Gregor Seyffert und Angela Reinhardt, stellt eine Zwischenwelt von Schönheit und Realität, Traum und Wahrheit her. Hans‑Dieter Scheibel als Pater Lorenzo macht in Mimik Sprache und Spiel diese Rolle verstehbar, das Empfinden für das Wunder dieser reinen Liebe. Als ihr tiefrot glühendes Symbol liegt die Rosenblüte während des ganzen‑ Geschehens auf seinem nüchternen Schreibpult. Auch Angela Philipp begreift Tanz und Rolle im Kontrast, so zauberhaft stellt sie das hölzerne und übertriebene, zugleich mitfühlende handelnde Amme dar. Angela Reinhardt und Gregor Seyffert halten das Publikum in Atem. Im Tanz des Romeo finden die weiten, hohen bis ins äußerste gestreckten Sprünge, die wahnwitzig schnellen Drehungen und die Steigerung der Gestik ihre Form für Verzückung und Hingabe, Hochstimmung, Sehnsucht und tiefe Verzweiflung. Angela Reinhardts Spitzentanz wird zumAusdruck mädchenhafter Reinheit. Beide gemeinsam steigern die Klassizität des Duos mit neuer dynamischer Leidenschaft und Passion. Diese Verwandlungskraft des Paartanzes eröffnet eine vollkommen neue Dimension des traditionellen Spitzentanzes.
Bravorufe und langer Beifall dankten für ein wunderbares Kunstereignis,
ermöglicht durch diese von Helga Müller‑Serre initiierte, zweite
Koproduktion des Teo Otto Theaters und der Bergischen Symphoniker mit
Gregor Seyffert, dem bedeutenden Deutschen Tanzpreisträger 2003. |
"Romeo und Julia": brillantes Kammerballett / Aufführung mit Philharmonie Südwestfalen Gregor Seyffert und Angela Reinhardt tanzten eine leidenschaftliche Liebe ‑ die von Romeo und Julia. ciu Siegen. Die Welt, die den Mann und die Frau umgibt, brennt. In einem Feuer, das ihr Einander‑zugeneigt‑Sein entfacht hat. Es ist, was nicht sein darf. Liebe in einer von Hass bestimmten Umgebung. Todfeindschaft herrscht zwischen den Häusern Capulet und Montague. Der Rahmen für ein inniges Du‑und‑Du ist nicht gegeben. Romeo und Julia haben keine Chance. Oder etwa doch? ‑ Eine Frage, der die Shakespeare'sche Dichtung nachgeht und die ihre Lösung erst in der jenseitigen Welt findet. Im Tod sind Romeo und Julia auf ewig vereint. Aber was, wenn er auf ihr Bitten gehört und den ermordeten Freund nicht gerächt? Wäre das ein Anfang für friedlichere Zeiten in einer brennenden Stadt gewesen? Vielleicht. Doch die Geschichte endet tragisch. Der Liebesklassiker Romeo und Julia" kam am Freitagabend im großen, dicht besetzten Saal der Siegerlandhalle zur Aufführung. Als Kammerballett ‑ und vielleicht gerade darum von ungeheurer Spannung, Dramatik, Leidenschaft. In der symbolträchtigen Fassung der Komischen Oper Berlin (Choreographie: Tom Schilling) tanzten Angela Reinhardt und Gregor Seyffert ‑ beide Stars in der Ballettszene, vielfach ausgezeichnete Tanzkünstler ‑ die Titelpartien; die Amme, ein verhuschtes, grotesk daherkommendes Frauenzimmer, gab Angela Philipp; den Mönch Lorenzo, der als Erzähler die Handlung straffte, vorantrieb und (lakonisch) kommentierte, mimte der Schauspieler Hans‑Dieter Scheibel. Prokofjews Musik (und das war eine Premiere im Konzept der Komischen Oper) kam nicht vom Band, sondern wurde live und mit Klasse aus einem eigens eingerichteten Orchester"graben" von der Philharmonie Südwestfalen eingespielt. Die musikalische Leitung hatte Myron Romanul. Die Inszenierung konzentrierte sich auf die beiden Liebenden, Romeo und Julia. Seyffert/Reinhardt flochten aus anfänglich zarten Banden, einem Abtasten, dem sich vorsichtig Nähern, aus geheimnisvollem Glück eine starke Bindung, die alles Irdische zweitrangig werden lässt. "Das Jetzt, nur dieser Augenblick, ist für die Liebe von Gewicht", sagt Pater Lorenzo, der eifrig mitmischt in einer intriganten Welt. Wohl auf der Seite des Paars und doch unentschlossen. Der Gottesmann schaut zu ("einmal angefangen, nahm das Unheil seinen Lauf...") zwischen die Feinde tritt er nicht. Zählt nur der Moment , dann gilt es, ihn auszukosten. Wie Romeo und Julia, die im Schatten des nächtlichen Gartens ihre Liebe leben können. Der Tänzer, die Tänzerin geben diesem Sich‑aufeinander‑Einlassen, dem bedingungslosen Vertrauen, dem Glück Ausdruck. Sie fliegt auf ihn (zu), er hält und trägt sie. Beide lassen das Gestern und Morgen vergessen. Von Unheil keine Spur, das kündigt sich wenig später an. Romeo hat getötet ‑ aus einem Trauermarsch entwickelt sich ein wüster Totentanz, bei dem auch Zofe (nun gar nicht mehr komisch) und Mönch mitmischen.
Fast verzweifelt: der Liebestanz (zwei Körper, eng
verschlungen) auf dem Liebeslager, das wenig später zum Totenbett wird.
Tiefe Trauer, ein aufwühlendes Sterben ‑ Romeos (eigentlich sinnloser)
Suizid wühlt auf. Dass Julia ohne ihn nicht weiterleben kann, ist fast
verständlich. Auch sie stirbt. Und mit ihr die Hoffnung auf Frieden.
Ensemble und Orchester ernteten für ihr mitreißendes Spiel lang
anhaltenden Applaus. |
Ballett-Gala als
ästhetischer Luxus und Weltkunstwerk in fokussierter Fassung Nicht allein, dass ein Orchester Dienst tut, wo üblicher Weise die Ballettmusik vom Band läuft: die Tänzer und die Musiker müssen sich in Sonderproben an einander gewöhnen. Die Zeitmaße müssen stimmen, Schritte und Figuren passen, die Atmosphäre konvenieren. Dafür war das Tanz-Ensemble, das an der Komischen Oper Berlin zu Hause ist - Choreograph Tom Schilling - zwei Tage vorher nach Siegen gekommen. (Die WR berichtete.) Zur Aufführung kam eine fokussierte Fassung. Aus dem großen "Romeo und Julia"-Ballett hat Regisseur Mike-Martin Robacki ein Kammerballett für drei Tänzer und einen Schauspieler gemacht.
Auf wichtigste Personen reduziert
Das Werk wird zeitlich gekürzt und reduziert auf die wichtigsten Personen und Szenen. Der Kenner wird einige Highlights - den Tanz der Ritter zum Beispiel - vermissen. Aber er verliert bei dieser Konzentration die Geschichte der beiden Liebenden nie aus dem Blick und mag das als Verdichtung genießen.
Verzicht auf opulenten Pomp
Den Gang der Handlung lässt Robacki von Pater Lorenzo (Hans-Dieter Scheibel) in schlichten und meist gereimten Texten aus eigener Feder berichten und reflektieren: "Hass und Liebe - beide sind so unergründlich / und trotzen dem Verstand."
Die Empfindungen der Besucher in der ausverkauften Halle waren ausgespannt zwischen tiefer Anrührung und ästhetischer Bewunderung für die Tanzdarbietungen und für die Leistung der Musiker, die im Orchestergraben vor der Bühne weit auseinander gezogen platziert waren. Dirigent Myrion Romanul erreichte dennoch die klangliche und rhythmische Synthese. Angela Reinhardt, erste Solistin in der Komischen Oper und internationale Preisträgerin, tanzte die Julia. Den Romeo stellte Gregor Seyffert dar, "Weltbester Tänzer 1997" und Träger des Deutschen Tanzpreises 2003. Die Welt außerhalb der beiden Liebenden verkörperte Angela Philipp als Julias Amme in der dritten Tanzrolle. Die Drei tanzten klassisches Ballett auf einer Bühne, die mit geringsten Andeutungen des Handlungsortes auskam - also unter Verzicht auf opulenten Pomp und damit nur der Faszinationskraft ihrer Schritte und Sprünge, der Ausdruckskraft ihrer Körpersprache und der Interpretationsfähigkeit des Publikums vertrauend.
Tänzerischer und
dramaturgischer Höhepunkt war vielleicht - nach der heiteren Zeremonie der
Eheschließung - die Ekstase ihrer nächtlichen Leidenschaft. Der Zuschauer weiß
derweil schon, dass es keine Wiederholung gibt. Prokofjew wollte ursprünglich
einen glücklichen Ausgang, "weil Tote nicht tanzen können". Er hat das Gesetz
der Tragik dennoch akzeptiert, aber dieses Ende musikalisch raffiniert verklärt. |
Dem
poetischen Realismus verpflichtet »Braucht denn wirklich diese Welt das Opfer dieser beiden?« fragt Pater Lorenzo gegen Ende des Tanzdramas »Romeo und Julia« in den Theaterraum hinein und kann bekannterweise nicht verhindern, dass die Shakespeare-Tragödie ihren tödlichen Ausgang findet. Da jeder im Zuschauerraum den Verlauf der berühmtesten Liebesgeschichte der Welt kennt, kann der Focus nur auf der Ausdrucksstärke und Authentizität der Tänzer liegen, um Spannung zu erzeugen. Tom Schilling, der berühmte Chefchoreograf der Komischen Oper Berlin, hat das einzig Richtige getan: sich beschränkt. In der aktuellen Bearbeitung als Kammerballett lenkt Regisseur Mike-Martin Robacki den Spot auf zwei der derzeit besten deutschen Tänzer: Angela Reinhardt und Gregor Seyffert. Es entstand ein Tanzdrama der leisen und eindringlichen Töne, das in perfekter Harmonie lebt zwischen dem schlichten, dennoch symbolhaft farbbestimmten Bühnenbild, poetisch-philosophischen Wortbetrachtungen, die die tänzerische Handlung kommentieren und sich der Sprache Shakespeares nähern, ohne sie wörtlich zu übernehmen und dem emotionsgeprägten tänzerischen Ausdruck. Vor diesem symbolhaft verdichteten Vordergrund tritt Sergej Prokofiews Musik dezent zurück, um die Figuren lebendig werden zu lassen. Die Gesichter der Tänzer scheinen der pathetischen Tragik eines Romeo und einer Julia entrückt zu sein und gewinnen dadurch eine Distanz, die die Tänzer gleich wieder aufheben durch die sinnliche Eindringlichkeit ihrer Bewegungen. Es entsteht ein Liebesspiel von der sehnigen Sanftheit einer Katze, nie pathetisch, nie verschnörkelt, nie überladen, das sich ganz dem poetischen Realismus verpflichtet. Beider Ausdruck fußt tief im klassischen Ballett und webt immer wieder moderne Elemente mit ein, die sich mit fliegender Leichtigkeit zu überraschenden Körperbildern zusammensetzen. Ein Sahnestück hat das Kulturamt nach Aschaffenburg geholt und dadurch seinen Anspruch gekräftigt, hochrangiges Tanztheater anzubieten. Gregor Seyffert, der 35-jährige Leiter der Staatlichen Ballettschule in Berlin, 1997 mit dem »Tanz-Oscar« Prix Benois de la Danse-UNESCO zum weltbesten Tänzer gekürt, trägt 2003 den Deutschen Tanzpreis und steht damit in einer Linie mit den berühmtesten Tanzpersönlichkeiten der Republik, allen voran Pina Bausch. Dem Romeo gibt er stolze und betörende Züge, auch wenn man glaubt, dass er seine Ausdrucksfähigkeit an diesem Abend nicht ganz ausspielt. Angela Reinhardt tanzte schon mit 22 Jahren als Solistin an der Komischen Oper Berlin und prägt die Julia als zärtliche, sinnliche und übermütige Frau, die der schaurigen Entwicklung ihrer großen Liebe fassungslos zusehen muss. Nur zwei weitere Personen treten auf die in ihrer ausdrucksstarken Schlichtheit faszinierende Bühne: die Zofe, verkörpert von Angela Philipp, die ihrer Figur trotz der angelegten Spröde komödiantischen Schalk verleiht. Und der Erzähler, Pater Lorenzo (Hans-Dieter Scheibel), der angenehm sonor und dennoch glasklar poetisch à la Shakespeare herrliche Sätze spricht der Art »Nur das Jetzt, dieser Augenblick, ist für die Liebe von Gewicht«. Wenn die Zuschauer nicht ganz so bewegt sind, wie man es hätte erwarten können, dann mag das an dem Gefühl liegen, die Tänzer hätten nicht alles gegeben, was in ihnen steckt.
Sabine
Schömig |
Aus einem Guss
Reinhardt und Seyffert tanzten "Romeo und Julia"
Mit Teilen des Ensembles der Komischen Oper
Berlin, allen voran der Weltklasse-Tänzer Gregor Seyffert mit seiner mindestens
ebenbürtigen Bühnenpartnerin Angela Reinhardt, entstand mit der
Kammerballett-Version von "Romeo und Julia" ein ergreifendes Meisterwerk des
Ausdruckstanzes. |
Romeo & Julia:
Komische Oper Berlin
begeisterte mit der größten Liebestragödie aller Zeiten
Traumhaftes Liebespaar:
Angela Reinhardt als Julia und Gregor Seyffert als Romeo.
Von Kerstin Hasewinkel
Hameln. Romeo und Julia, ein Klassiker. Um Liebe und Leidenschaft, Hass
und Tod. Die Mutter aller Liebesgeschichten, obwohl - oder gerade weil -
sie kein Happy End hat. Der Stoff, aus dem die Träume sind,- und was kann
es Traumhafteres geben, als Romeo und Julia als Romantisches
Kammerballett? Zumal in einer solchen Star-Besetzung, wie sie die
Inszenierung der Komischen Oper Berlin (Musik: Sergej Prokofiew; Texte
& Regie: Mike-Martin Robacki) dem Hameiner Publikum am Donnerstagabend
bescherte. Donnernder Applaus war der Lohn für die drei Tänzer und einen
Schauspieler.
Solisten, die die Herzen der Zuschauer erobern
Es sind vor allem die beiden (mehrfach ausgezeichneten) Protagonisten, ob
als Solisten oder im Pas de deux, die durch ihre meisterhafte
Professionalität die Herzen der Zuschauer erobern.
Da ist die bezaubernde
Angela Reinhardt, der die Rolle der Julia in die Wiege gelegt zu sein
scheint. Leichtfüßig und zart ist sie zu Beginn das unschuldige Mädchen,
das von der ersten Verliebtheit verzaubert wird. Allein durch ihren
ausdrucksstarken Tanz gibt sie Julia Profil, mühelos gelingt ihr der
Wandel hin zu den tiefen Gefühlen, die ihren Höhepunkt im geradezu
erotischen Pas de deux mit Romeo finden, bis hin zur Verzweiflung über
den Tod des Liebsten die Erste Solistin ist eins mit Julia.
Das klassische Paar der Literatur-Geschichte schlechthin findet seine
hundertprozentige Entsprechung auf der Bühne, denn der feengleichen
Angela Reinhardt steht ein romantisch-kraftvoller Gregor Seyffert zur
Seite. Der Berliner Kammertänzer und Träger der Auszeichnung Weltbester
Tänzer 1997" ist ein Meister seines Faches, beherrscht jede Faser
seines Körpers bei Hebungen, Drehungen und Sprüngen. Voller Emotionen
ist sein Tanz. Auch Seyffert ist die idealbesetzung für den Romeo -
geradezu ergreifend die berühmte Balkonszene, wenn er sich zum letzten
Abschied an der Brüstung mit einer Leichtigkeit emporzieht, um Julia
einen zarten Kuss zuzuwerfen. Zwei Körper, zwei Herzen, die zu einem
verschmelzen Spiel und Tanz der beiden wird beherrscht von Gefühl und
Anmut. Das alles gelingt in der Choreographie von Tom Schilling (Träger
des Deutschen Tanzpreises 1996) ohne jeden Kitsch und das oft Pompöse des
Balletts. Durch moderne Elemente wird dem Klassischen das Schwere
genommen. Die Inszenierung kommt geradezu minimalistisch daher - die
Kulisse wird auf wenige Bilder reduziert, die allerdings voller
Symbolkraft stecken: knallrot sind Laken und Bett als Brautgemach des
Liebespaares, blutrot färbt sich der (auf die Bühne projizierte) Himmel
nach Mord und Rache, die Romeo zur Flucht zwingen. Dank Pater Lorenzo
(Schauspieler Hans-Dieter Scheibel), der durch die Ereignisse führt,
verliert keiner den roten Faden. Auch die Solistin Angela Philipp füllt
ihre Rolle der Amme perfekt aus, auch sie beherrscht jeden Schritt und
auch das komische Element der Figur, ohne sie ins Lächerliche zu ziehen.
Schritt für Schritt fügen sich zu einem gelungenen
Gesamtkunstwerk zusammen - ein hoch genüsslicher Ballett-Abend! |
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Komische
Oper Berlin kredenzte einen Ballettabend für Gourmets
Von
Liebe, Leid und Tod: Von
Annelis Griebler agr Bergisch Gladbach.
Die
Liebe, sie ist ,,wie Schatten wandelbar, wie Träume kurz", so
lehrt es Shakespeares ,,Sommermachtstraum", so erleben und erleiden
es seine Liebenden von Verona, Romeo und Julia.
·
Raffinierte Schlichtheit, überzeugende Akteure
Die
unmittelbare und eindringliche Wirkung dieser experimentellen Produktion
liegt in ihrer raffiniert einfachen, selbstverständlichen Art, Tanz als
darstellende Kunst zu inszenieren mit überzeugenden Interpreten, in
geglückter Übereinstimmung mit den klaren Formen und emotionsbetonten,
vitalen Spannungsböigen der musikalischen Vorlage.
·
,,Auch damals brannten Städte!"
Tom
Schilling - Gründer und Leiter des Tanztheaters an der Berliner Komischen
Oper, Träger des Deutschen Tanzpreises, nebenbei bemerkt - konzentrierte
die Legende auf ihre Hauptszenen, verbunden durch die aus einem
,,Tagebuch" rezitierten dramatischen Erinnerungen des Paters Lorenzo
(Hans-Dieter Scheibel) an ,,Veronas blutigen Bürgerkrieg", der
(auch) die Familien der Capulets und der Montagues tödlich trennt.
Vergangenheit nähert sich der Gegenwart, wenn Lorenzo klagt ,,Auch damals
brannten Städte!", wenn er mahnt „Du sollst nicht töten!" -
wer denkt da nicht an Sarajewo, an Kosovo? ,,Doch inmitten beider Häuser
Frevel wuchs ein Pflänzchen unbefleckt und lebensfroh, es war die Liebe
dieser Feinde Kinder, von Julia und Romeo...“ Getanzt werden diese
„Kinder" - in der Tat „lebensfroh“, zärtlichkeitsuchend mit
dem Charme der Unschuld, zwischen Werbung und Erfüllung, verspielter
Erotik und romantischer Leidenschaft - von der filigranzarten Angela
Reinhardt und von Gregor Seyffert (wieder nebenbei bemerkt: ,,Weltbester
Tänzer 1997") vor dem Hintergrund farbig ausgeleuchteter
Symbolistik.
·
Natürliche Anmut, tänzerische Virtuosität
Sonst
lenkt keine Dekoration von der Handlung ab, die Bühne bleibt frei für
eine flüssige, leicht verständliche, illustrativ-pantomimische
Choreographie, entwickelt auf solider klassischer Basis. Natürliche Anmut
tänzerisch luftig-lockere Virtuosität und Elegance halten angemessene
Distanz zur Sentimentalität, werden von Angela Philipp als Julia Amme
gelegentlich und effektvoll kontrapunktiert in komödiantischburlesken
Szenen.
Das
Ganze: ein Ballettabend für Gourmets. Begeisterter Beifall. |
Betörende,
ungeheure Schönheit
Zauber
des Balletts mit den Solisten der Komischen Oper Berlin:
Es war eine der schlicht
ergreifendsten tänzerischen Interpretationen von Prokofjews ,,Romeo und
Julia", welche die Ersten Solisten der Komischen Oper Berlin und
Hans-Dieter Scheibel vergangenen Dienstag und Mittwoch in Bozen und
Meran präsentierten. Ergreifend, denn nach den gewaltigen Produktionen
von Ashton, Cranko und MacMillan vermochte Mike-Martin Robackis
Kammerballettfassung der Choreographie von Tom Schilling dank einer
faszinierenden Mischung
von Wort, Ton und Tanz tiefe und unmittelbare Betroffenheit zu
erzeugen.
Alexandra Michler |
Tragödie nahm im Tanz
bewegende Gestalt an
,,Romeo und Julia" im Bürgerhaus
Langenberg
Begeisterung löste das Kammerspiel Romeo und
Julia" im Bürgerhaus Langenberg aus.
Mit „Romeo und Julia“, einem romantischen
Kammerballett für drei Tänzer und einen Schauspieler, gastierten
Solisten der Komischen Oper in Berlin im Langenberger Bürgerhaus. Es
wurde ein künstlerisch eindrucksvoller Abend, der von den Zuschauern
begeistert aufgenommen wurde.
Diesem
Kammerballett liegt Wiiliam Shakespeares bekannte Tragödie zugrunde. Außerdem
wurde die Ballettmusik von Sergej Prokofjew dazu herangezogen, die mit
entsprechenden Schnitten vom Band zugespielt wurde.
Die tragische Geschichte einer großen Liebe
zwischen zwei Jugendlichen aus verfeindeten Familien nahm in deren Tanz
bewegende Gestalt an. Dazu erklang die genial geschriebene Musik von
Prokofjew, hier auf die konzentrierte Kammerballettfassung entsprechend
zugeschnitten.
Adolf
Watty |
Romeo und Julia von Prokofiew,
veranstaltet vom Kulturinstitut
Noch
einmal ,, Romeo and Juliet": Die außergewöhnliche musikalische
Handschrift von Prokofiew, nicht ohne romantischen Glanz, aber in der Art
des ,,heiligen" Rußlands (Tschaikowsky inbegriffen), ganz und gar in
unser Jahrhundert projiziert, eine Komposition mit szenischen Höhepunkten
vereint sich im Tanztheater Tom Schillings, dem Chefchoreographen der
Komischen Oper Berlin. Es entsteht hier ein ,,poetischer Realismus"
im besten Sinne des Wortes, eine echte große Poesie ohne Effekthascherei,
optimal dargestellt von drei Tänzern und einem Schauspieler ( Angela
Reinhardt als Julia, Gregor Seyffert als Romeo, Angela Philipp als Amme
und Hans-Dieter Scheibel als Pater Lorenzo ) in einer lebhaften, dem
Inhalt angepaßten Vorstellung, ganz ohne szenischen Prunk. Auch bei den
Kostümen beschränkt man sich auf das Wesentliche, nichts erscheint überflüssig.
Es
ist noch interessant zu erwähnen, daß der ,,Genosse Prokofiew" im
tiefsten stalinistischen Terror, wie es einmal Massimo Mila im Jahre 1936
formulierte, sich solchen kleinbürgerlichen Problemen wie der Liebe und
der Leidenschaft widmete. Das ,,unglückliche Bewußtsein", wie es
vielleicht ein hartnäckiger Hegel-Marxist bezeichnen würde, ist hier von
Schilling & Co, die alle aus Ost-Deutschland stammen (das ist das von
Ulbricht und Honecker), wieder aufgewertet worden, auch wenn die Mauer
schon vor vielen Jahren gefallen ist. Vielleicht hat man im Westen den
Teufel anders dargestellt als er wirklich war, während man im Osten ständig
dabei war, Komplotte und Geheimagenten aufzudecken.
Ehrlicherweise
sind viele Dinge zu überdenken und neu zu bewerten. Auf jeden Fall sind
wir dem Kulturinstitut dankbar, daß es uns (endlich einmal) ein solch
hochwertiges Beispiel von Tanztheater ermöglicht hat. Inzwischen kann
Onkel Will (genannt Shakespeare) beruhigt auf seinem Ruhekissen
weiterschlafen.
Übersetzung aus dem Italienischen: Jürgen Naumann |
Opfer des tiefen Hasses
zwischen den Menschen
Erste
Solisten aus Berlin gastierten mit großem Erfolg im Bernburger Theater
Die Geschichte von Liebe und
Tod zweier Menschen aus verfeindeten Familien zu Verona wurde durch Tom
Schilling auf der Grundlage der Musik von Sergej Prokofiew zu einem großen
Ballettwerk gestaltet. Die in
Bernburg zur Aufführung gebrachte Kammerballettfassung
für drei Tänzer und einen Schauspieler basiert auf den Hauptszenen.
Trotz dieser Einschränkungen hat diese Fassung nichts von der
Ausdruckskraft dank einer engen Verknüpfung von gesprochenem Wort, Musik
und Tanz verloren und muß als eigenständiges Werk betrachtet werden. Mit
einfachen Mitteln wurde auch auf der kleinen Bühne ein emotionsreiches
und ergreifendes Spiel
der Gefühle geboten.
Mit der Besetzung von Gregor
Seyffert als Romeo und Angela Reinhardt als Julia stand ein klassisches
Paar auf der Bühne, das mit seinem tänzerischen Können begeisterte.
Eine jugendlich frische Julia mit dem heißblütigen und grenzenlos
verliebten Romeo brachte ihre Gefühle voll zum Ausdruck, Ob in der
verspielten Tanzszene in Julias Zimmer bei der Kleiderschau mit
jugendlichem Übermut oder in der Abschiedsszene nach der Brautnacht
voller Trennungsschmerz. Es war ein elegantes, ausdrucksstarkes Spiel der
Körper. Dieses Paar fand eine wertvolle Ergänzung durch die Amme,
getanzt von Angela Philipp, die besonders durch ihre humorigen Tanzpartien
zu den tragischen Szenen ausgleichend wirkte. Dem Schauspieler Hans-Dieter
Scheibel in der Rolle des Pater Lorenzo kam die vermittelnde Rolle dieses
Spieles zu.
Eine
Darbietung, die, von Spitzenkräften der Berliner Komischen
Oper gestaltet,
keinen Wunsch offen ließ. Ergänzt durch die wunderbar nuancierte
Musik Prokofiews wurde es
ein Theatererlebnis der besonderen Art, das
tiefe Eindrücke bei den Zuschauern hinterließ. |
Mit heißblütiger Hingabe
Tanztheater
der ,,Komischen Oper Berlin" präsentierte ,,Romeo und Julia"
RÜSSELSHEIM
- Die ,,Romeo und Julia"- Inszenierung von Choreograph Tom Schilling
hat der ,,Komischen Oper" in Berlin stets ein volles Haus beschert.
Am Mittwochabend gastierte das mit Solisten von internationalem
Spitzenniveau besetzte Kammerballett-Ensemble in einer Vorstellung des
Gemischten Rings II im Rüsselsheimer Stadttheater.
,,Romeo
und Julia", Sinnbild für die große Liebe, Inbegriff von süßschmerzender
Romantik und nie gestorbener Intensität,
die Liebestragödie
schlechthin. Viele Inszenierungen hat Shakespeares Meisterstück schon
gesehen, viele Verfilmungen und auch Verfremdungen.
Am
Mittwochabend bescherte Mike-Martin Robackis Kammerballettversion mit der
Choreographie von Tom Schilling - Träger des Deutschen Tanzpreises 1996
und Gründer des Tanztheaters der ,,Komischen Oper Berlin" - dem Rüsselsheimer
Publikum einen Ballettabend der besonderen Art: Erbauend, spannungsreich,
bewegend. Oder war es doch ein Theaterabend?
Neben
dem Charme der Darsteller lebt die Aufführung vor allem von ihrer
unmittelbaren Schlichtheit. Kein pompöses Bühnenbild, keine überladenen
Tanzszenen oder aufgesetzten Gesten. Dafür viel Ausdruck und überzeugende
Ausstrahlung sowie eine eindrucksvolle Charakterentfaltung sowohl der Tänzer
als auch des Stückes als solchem.
Vor
allem das fein abgestimmte Zusammenspiel des Lichts mit Sergej Prokofjews
Musik macht aus der ohnehin kompakten Choreographie
ein lückenloses
Meisterstück des poetischen Realismus. |
„Romeo und Julia" als
Kammerballett in der Öhringer Kultura
Liebe kennt keine Gefahr
Von
Michael Dignal
Seit
über zwölf Jahren wird an der Komischen Oper Berlin Sergej Prokofjews
Ballett ,,Romeo und Julia" erfolgreich aufgeführt. Die Choreographie
von Tom Schilling wurde auch für die kleine Variante, mit der seit
letztem Jahr das Potsdamer Schloßtheater auf sich aufmerksam macht,
beibehalten. Allerdings hat Regisseur Mike-Martin Robacki hierfür die
Besetzung auf drei Tanzrollen und eine Sprechrolle reduziert. Diese
Kammerballettfassung des unsterblichen Liebesdramas, erstmals außerhalb
Potsdams, brachte die Kulturstiftung Hohenlohe jetzt in die Öhringer
Kultura. |
Vom Taumel der Sinne
,,Romeo
und Julia" als Kammerballett im Potsdamer Schloßtheater
Von
Volkmar Draeger
Jubiläen
pflegt man mit besonderen Ereignissen zu feiern. Auf ein solches Jubiläum
können die Potsdamer Hofkonzerte im Schloßtheater des Neuen Palais
verweisen. In ihren nunmehr sechsten Jahrgang reiht sich zum fünftenmal
auch Tanz ein. Vier Spielzeiten lang stand historischer Tanz auf dem
Programm, und jene ,,Höfischen Impressionen" erfreuten sich reger
Publikumsgunst. Das stachelte den Ehrgeiz der Veranstalter an, Neues,
Größeres zu wagen. Als kooperativer Partner konnte die Komische Oper
Berlin gewonnen werden. Nach mehr als 25jährigem Wirken steht als Synonym
für deren erfolgreiche Tanztheaterproduktionen
noch immer ihr einstiger Chefchoreograph Tom Schilling.
Bereits
mehr als 100 Aufführungen erlebte Schillings Inszenierung von ,,Romeo
und Julia" mit der Premiere 1983. Die klassische Tragödie vom
Liebestod der Kinder zweier verfeindeter Veroneser Adelshäuser auf eine
Kammertanzvariante zu reduzieren und somit auch kleineren Spielstätten
zugänglich zu machen, war die Idee für den diesjährigen Tanzbeitrag der
Potsdamer Hofkonzerte. |
FEUILLETON
Tänzerischer Blick in die
Seele von Romeo und Julia
Die größte Liebestragödie des Theaters hat ein neues reizendes Gewand
bekommen. Romeos und Julias Liebe über die Feindschaft ihrer Familien
hinweg ist als ergreifendes Drama aus Shakespeares Feder bekannt. Die
Unverbrüchlichkeit der Treue hat Sergej Prokofjew in Musik gefaßt. |