PROLOG: Wieder tobt in Verona ein blutiger Bürgerkrieg. Pater Lorenzo begräbt die zahlreichen Toten in einem Massengrab.
Verona
brennt...
Das
Haus der Feinde bringen sie ein bestialisches Ritual - Mit menschlichen Köpfen auf der Spitze ihrer Schwerter, taufen sie einander... ...mit dem Blut ihrer Nachbarn.
TIERE!!! BESTIEN!!! Die vornehmsten Wesen in Gottes Plan?! VERDAMMT SEID IHR - AUSGEBURTEN DER HÖLLE!!!
Als wenn mit ihm nicht eben noch das Abendmahl geteilt, des Sonntags vor der Kirche einander man NICHT artig grüßte! "DU SOLLST NICHT TÖTEN!" - leeres Pfaffengeschwätz?!!
Er schaut in das Massengrab:
Sie haben nicht verstanden, ...sie haben nicht verstanden. „IM NAMEN DES FRIEDENS" schreien sie, in „GOTTES NAMEN“ gar. "Im Namen des Friedens..." Da habt ihr ihn...
Ungeachtet eures Streites verfault ihr nun - im selben Schoß. Die Würmer finden an euch keinen Unterschied! Diese niederen Geschöpfe wandeln ohne Fehl auf Gottes Pfaden... Ach, hätten doch die Menschen die Weisheit dieser Maden.
Lorenzo wirft die Kleider hinunter und klettert in das Grab:
Der letzte Segen, der Pflicht der ich gebunden, Genüg' zu tun, fällt schwer in diesen Stunden. Denn LIEBE ist des Segnens heil'ger Sinn..! die ich nach Mord und Mord, zu geben, nicht mehr in der Lage bin.
"Es ist vollbracht..!" Der Menschen stete Grausamkeit hat Glauben mir und Herz zu Felsgestein erstarrt... Und gibt es wirklich Wiederauferstehung... bei Gott - so wünsche ich... DIESE! - blieben dort verscharrt!!
Ich - ein PRIESTER?! Ich höre Sie nach der Berufung fragen. "LIEBET EINANDER!" - dies Banner kann ich länger nicht mehr tragen.
Lorenzo ist resigniert, das Banner: „Liebet einander“ kann er länger nicht mehr tragen. Mit seinem Kruzifix legt er auch seine Priesterberufung nieder. Doch ein im Grabe verschüttetes Primelchen weckt in ihm zärtliche Erinnerungen an lang vergangene Zeiten, an die Sprößlinge der verfeindeten Familien Capulet und Montague.
Hat doch der Bruder Marcus dich gänzlich übersehen... Statt dich dem Grabe hinzugeben, solltest, zartes Leben du, in der Sonne stehen...
Lorenzo hebt ein verschüttetes Blümchen auf:
Den Geschöpfen, die so fein, so verletzbar sind geblieben, kann man Zärtlichkeit nicht wehren, muß man einfach lieben.
Verzeihen sie mein Innehalten - Rührung läßt mich weilen... Dies Gewächs trifft meine Seele schwerer noch, als lange Gräberzeilen.
Lockt es doch mein greises Denken weit in die Vergangenheit. Auch damals brannte zwischen würdevollen Häusern ein gar nicht würdevoller Streit. Auch damals gab ein Wort das and're, folgten Straßenschlachten ungestümer Horden. Und dem Tod des ersten Anverwandten folgte Mord und Mord fürs Rachemorden.
Doch inmitten beider Häuser Frevel, wuchs ein Pflänzlein, unbefleckt und lebensfroh. Es war die Liebe dieser Feinde Kinder, von Julia und ihrem Romeo.
Musik beginnt:
1. BILD: Lorenzos Erinnerungen werden lebendig, er taucht begeistert ein in das Geschehen im alten Verona.
Es ist die Zeit der Masken und Kostüme. Am Markt herrscht fröhliche Geschäftigkeit. Dieser Duft von Blumen und frischem Backgewerke tröstet jedermann's Herz. Verona - ist heut' ohne Streit.
Auch Montague's und Capulet's fügen leidlich sich in diese Harmonie, denn des Prinzregenten Spruch bedroht - bei erneutem Friedensbruch - mit dem Tode sie.
Ein trügerischer Frieden, denn der Feinde Haß ist mit Gesetzen nimmer aufgewogen! Nur Romeo - ein Montague - und Julia - eine Capulet - finden in argloser Liebe sich zueinander hingezogen.
Romeo taucht auf und trifft auf dem Markt Julia. Doch die Amme schiebt sie eilig weiter. Lorenzo sammelt Kräuter und Blumen, ihm offenbart Romeo seine neue Liebe. Der Pater kennt Romeos schnelle Entflammbarkeit und winkt ab. Romeo entwendet dem gehenden eine Rose und verehrt sie seiner Angebeteten.
Die Amme eilt über den Markt. Romeo fängt sie ab und erbettelt sich eine Maske, mit der er sich zum Ball im Hause der Capulets einschleichen will.
2. BILD: Julia wirft in ihrem Zimmer alle Sachen auf einen Haufen und beginnt eine kokette Kleiderschau. Als die Amme dazukommt, wird diese „Opfer“ Julias mädchenhaften Übermutes.
Lorenzo hat sein altes Tagebuch gefunden und blättert durch verblaßte Erinnerungen.
Mein treues Tagebuch... Zeuge sei es, da, wo das Vergessen die feingesponnene Erinnerung wie Motten hat zerfressen.
Lorenzo liest aus seinem alten Tagebuch:
Geladen haben mich zum großen Feste die Capulets. Weil ein Pfarrer wohl dazugehört... doch nur der Etiketten wegen. Und man hofft, daß ich auch pünktlich wieder gehe - da beim süffisanten Spaß der Gäste das Aug' der Kirche eher stört...
Die Feier gilt dem Grafen Paris, aus des Prinzregenten Hause. Denn Paris wirbt um Juliens Hand.
Capulet ist sehr zufrieden, denn durch diesen Ehebund wär` der Machtkampf gegen Montague zu seiner Gunst entschieden.
Man hofiert sich also - artig lacht man über alberne Belanglosigkeiten. Und selbst das feierliche Maskenlüften verrät bei diesem Karneval Verborg'nes nicht. Denn die vollkommenste der Masken ist ihr eigenes Gesicht.
3. BILD: Es ist ein Nebenraum zum großen Ballsaal im Hause der Capulets. Dort trifft Romeo auf Julia, die sich in das Foyer zurückgezogen hat, um für sich alleine zu tanzen. Beide ergeben sich traumartigen Liebesbezeugungen. Plötzlich eilen Amme und Lorenzo in den Raum. Romeo ist entdeckt worden, er muß fliehen.
LORENZO eilt aufgeregt nach vorne:
Tybalt - ein Cousin von Julia, hatte Romeo als einen Montague erkannt und bereits den Diener nach seinem Schwert gesandt!
Als Hohn am Hause Capulet empfand er Romeos Erscheinen und wollte Rache nehmen an dem frechen Feind. Fürwahr - es hat nicht viel gefehlt...
Es wird dunkel:
Die Nächte in Verona sind trügerisch still. Wer Feinde hat - fürchtet die Dunkelheit. Meterhohe Mauern umragen die Bürgerhäuser.
Mag sein - sie wehren gut dem Feinde, dem Bettelmann und Dieben, doch nimmer wehren alle diese Grenzen dem grenzenlosen Lieben.
Um Julia zu sehen kann Romeo nicht länger warten und schleicht sich - todverachtend - in Capulets düsteren Garten.
Liebe kennt Gefahr, Vergangenheit und Zukunft nicht. Nur das JETZT, DIESER Augenblick ist für die Liebe von Gewicht.
Ach - fänd ich einen Kräutersaft, der uns zueinander brächte, GEDANKENLOS - wie sie und ihn - er wäre für die Welt - ich glaub es ehrlich - die rechte Medizin.
4. BILD: Romeo wirft ein Steinchen an Julias Zimmerfenster. Julia tritt überrascht in die Nacht hinaus. Beide ergeben sich ihrer Leidenschaft füreinander.
5. BILD: Die Amme sucht am nächsten Morgen Pater Lorenzo, um ihn in die Kirche zu holen. Dort soll er Romeo und Julia miteinander vermählen.
6. BILD: Romeo und Julia können es nicht erwarten, endlich verheiratet zu sein. Lorenzo kommt hinzu und willigt nach einiger Überlegung ein, die Trauung zu vollziehen. Als sie ihn danach in Liebesungeduld verlassen, kniet der Pater zum innigen Gebet nieder.
Ich ahnte Verhängnis und doch - war ich geneigt, den beiden beizusteh'n. "Vielleicht, daß dieser Bund zu großem Glück sich wendet, und ihrer Häuser Groll durch ihn in Freundschaft endet."
...Gottes Wege... nicht immer mag ich sie verstehen... Ein Mensch bin ich!
Lorenzo tritt an die Rampe und erinnert sich:
Kaum traten - jungvermählt - sie in Veronas leidgeprüfte Gassen, traf Tybalt sie und fordert mit dem Schwerte - Romeo, in ein Duell sich einzulassen.
Romeo versichert ihm, daß er alle Capulets wie eigene Geschwister liebe. Doch Tybalt - haßentbrannt - besteht auf einen Kampf.
Mercutio - geliebter Freund von Romeo - will dieses Eifern schlichten und stellt sich zwischen beiden auf, nicht ohne einen Witz zu dichten... Das Schwert Tybalts trifft ihn bis zum Knauf.
Mercutio stirbt in Romeos verzweifeltem Umarmen, auf den Lippen bleibt zurück ein schweres Wort: VERGELTUNG! Und mit dem Schwert des Sterbenden rächt ein tränenblinder Romeo den Freundesmord.
7. BILD: Ein tränenblinder Romeo sucht den fliehenden Freundesmörder, selbst Julia kann ihn nicht zurückhalten. Romeo findet und erschlägt Tybalt. Amme und Lorenzo kommen zu spät.
-
PAUSE -
LORENZO findet das Schwert, mit dem Romeo Tybalt tötete.
Wo war das Glücksgestirn verborgen für diese unglücksel'ge Weil? Romeo - ein MÖRDER nun - bedroht des Henkers Beil.
Warum hielt selbst die Liebe nicht des Jungen racheschwere Hand? Haß und Liebe - beide sind so unergründlich und trotzen dem Verstand.
Er will abgehen:
Romeo muß nun, um zu überleben, Veronas Mauern meiden. Doch bevor er flieht, schützt noch eine Nacht das Brautgemach der beiden.
8. BILD: Romeo und Julia erwachen am Morgen nach ihrer Brautnacht. Romeo muß nun endlich aus den Armen der jungen Gattin fliehen, um dem Henker zu entgehen. Die Amme kommt. In den Händen hält sie einen Brautkranz. Die Eltern von Julia wollen sie noch am selben Tag mit Graf Paris vermählen.
LORENZO tritt besorgt auf:
Einmal angefangen, nahm das Unglück seinen Lauf.
Die Capulets wollen ihre Tochter noch am selben Tag vermählen. Graf Paris bat darum, schnell zu verfahren. Daß sie bereits vergeben, schon Ehefrau nach Stand und Recht, mag sie ihrem Vater nicht erzählen, zu groß ist ihre Angst vor seinem Zorn.
Sie schickt nach mir, daß ich ein Mittel brächte, welches schmerzenlos zu Tode bringt. Und käm ich nicht, bei Gott, statt diese Schmach zu leiden, wär' Liebkosung ihr ein Dolch, der heiß ins Herze dringt.
Fürwahr, ich bin kein Meister der Intrigen...
Lorenzo findet bei sich ein Fläschchen:
Der Kräuterkunde tief vertraut, auch geheimer Niederschriften, hab' ich diesen Trunk gebraut aus selt`nen Pflanzengiften.
Wohl dosiert der Tropfen Zahl nach der Niederschrift Gebot, bringt er kalten Schlaf dem Leib so, als wär er tot.
Erst nach zweiundvierzig Stunden kehrt der Atem wieder ein. Bis dahin kann, um sie zu holen, Romeo bei Julien sein.
Dieser Plan muß uns gelingen, macht mich wieder hoffnungsvoll. Nachricht werd' ich geben - Romeo - mit Julia zu eilen, in ein neues Land und Leben - wo ihre Liebe reifen und Früchte tragen soll.
9. BILD Julia ist allein, sie hat Angst vor diesem Todesschlaf. Doch die Gedanken an Romeo helfen ihr, den Trunk einzunehmen. Als die Amme das Zimmer betritt, glaubt sie, daß Julia sich das Leben nahm und sinkt entsetzt zusammen.
LORENZO tritt nach vorne. Aus seiner Hand schwebt das Tuch von Julia in das Grab hinab.
Nichts war feiner je gesponnen, als der Lebenshauch, der uns durchweht. Nichts ist gut genug ersonnen, wenn die Fügung - and're Wege geht.
"Es ist nur Schlaf, der die Todesbleiche Juliens nährt!"
Bevor mein Brief noch Kunde geben konnte,war Romeo bereits zu Pferd. Denn ein Freund war schneller noch bei ihm, mit viel zu früher Nachricht über Julias Schwinden. Romeo besorgt sich Gift, um neben seiner Angetrauten, selbst den Tod zu finden.
Ach Vater - prüfe meinen Glauben nicht an dieser Kinder Leiden. Du gabst deinen Sohn bereits ans Kreuz. Braucht denn wirklich diese Welt das Opfer dieser beiden?..
10. BILD: Julia liegt in der Gruft aufgebahrt. Romeo findet sie dort und ergibt sich seiner verzweifelten Trauer. Dann schluckt er das Gift aus seinem Ring und stirbt unter Schmerzen. Als Julia aus ihrem Scheintod erwacht, glaubt sie, daß Romeo eingeschlafen ist. Entsetzt bemerkt sie jedoch seinen Tod. Mit dem Dolch Romeos beendet auch sie ihr Leben. Lorenzo und Amme kommen zu spät dazu.
LORENZO taucht aus seiner Erinnerung. Wieder steht er vor dem Massengrab. Er nimmt das Primelchen wieder an sich. Er segnet die Toten und geht auf einem von außen einfallenden schmalen Lichtstreif hinaus.
- ENDE -
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